Liebe Julia, Warum bist Du Hebamme geworden?

Irgendwie war das für mich schon ganz früh klar. Als Kind habe ich zwischen den Berufswünschen Hebamme oder Gerichtsmedizinerin geschwankt und mich dann im Laufe der Zeit für die Hebamme entschieden – also eher für den Beginn des Lebens statt für das Ende. Nach der Schule habe ich ganz klassisch eine Hebammenausbildung im Krankenhaus Barmbek begonnen. Damals hat man eine dreijährige Ausbildung gemacht: 1/3 theoretisch in der Berufsschule und 2/3 praktisch. Zum praktischen Teil gehörte auch das Externat, das habe ich für sechs Wochen im Geburtshaus in Hannover absolviert. Dort habe ich richtig Lust auf die außerklinische Geburtshilfe bekommen.

Seit wann arbeitest Du fest im Geburtshaus, warum hast du dir diesen Arbeitsplatz ausgesucht?

Seit dem Herbst 2016 bin ich im Geburtshaus und darüber sehr glücklich. Während der Ausbildung bin ich immer wieder mit der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis konfrontiert worden. Die Hebammen im Krankenhaus müssen häufig mehrere Geburten gleichzeitig betreuen, da ist zu wenig Zeit und eine individuelle Begleitung manchmal kaum möglich. Ich finde es sehr schön, dass wir hier im Geburtshaus eine Eins-zu-eins-Betreuung unter der Geburt ermöglichen können und das wir für jede Geburt die Zeit haben, die Mutter und Kind brauchen. Wir haben Zeit für den schönsten Teil unseres Berufes. Für meine Kolleginnen in den Geburtskliniken wünsche ich mir eine Systemänderung, die ihre Arbeitsbedingungen besser macht. Eine gesicherte Eins-zu-eins-Betreuung sollte es auch im Kreißsaal geben. Es arbeiten so viele tolle Hebammen in den Kliniken, die sollen das auch noch lange machen wollen.

Was sind deine Aufgaben‚ und was magst du besonders?

Ich mache hauptsächlich Vorsorgen und Geburtshilfe. Außerdem betreue ich auch Familien im Wochenbett. Die Schwangerenbegleitung finde ich besonders schön. Der Kontakt zum Paar macht mir viel Freude, man bekommt einen ganz intensiven Einblick in den Verlauf der Schwangerschaft und darf miterleben, wie diese die Frauen und Familien verändert. Es ist immer wieder spannend, wie unterschiedlich die Frauen mit der Veränderung umgehen. Und ich mag es Frauen unter der Geburt beobachten zu dürfen. Ich bin immer wieder fasziniert von der Kraft einer Frau während der Geburt! Wir alle kennen die Mütter und die Umstände der Schwangerschaft sehr gut. Daher können wir Risiken schnell erkennen und uns möglicherweise auch nach ausführlicher Beratung für eine Verlegung in die Geburtsklinik entscheiden. Unsere Mission ist es, den Familien einen guten Start zu geben – das ist das, was uns im Team verbindet. Mit unseren unterschiedlichen Erfahrungen und Persönlichkeiten können wir in einen guten Austausch gehen. Wir mögen und respektieren uns, das schafft ein tolles Arbeitsklima.

Gibt es eine Geschichte aus dem Geburtshaus, die du nicht vergessen wirst?

Es gab mal eine Verlegung mit außergewöhnlichen Umständen. Die Verlegung konnte ganz in Ruhe erfolgen, das Paar hatte sich als Alternative die Asklepios Klinik Nord ausgesucht. Wir mussten also durch die ganze Stadt und das mitten im Feierabendverkehr. Unser Taxi fuhr mit Warnblinker, um sich schneller durch den Verkehr zu schlängeln. Das erregte die Aufmerksamkeit der Zivilpolizei, die unser Taxi anhielt und nachfragte. Als die Beamten – junge, schicke Typen – die Situation überblickten, setzten sie Ihr Blaulicht aufs Dach und eskortierten uns bis zur Klinik.

Jetzt war gerade Weihnachten. Fällt es Dir sehr schwer, Bereitschaftsdienst an Feiertagen zu haben?

Eigentlich nicht. Man muss es nur gut planen. Weihnachten ist es manchmal etwas schwierig weil viele aus meiner Familie nicht in Hamburg leben. Dieses Jahr habe ich aber frei und arbeite dafür an Silvester. Ich feiere dann eben ohne Alkohol, das fällt mir nicht schwer. Na ja, und die Neujahrsbabys mögen wir sehr. Hier in Hamburg gibt es ein kleines Battle um das erstgeborene Baby des Jahres. Das kommt nämlich groß in die Zeitung, wenn die Eltern das möchten.

Kannst du dich entscheiden für Elbe oder Alster?

Ich liebe die Elbe, da sie die Stadt mit dem Meer verbindet. Die ersten Jahre meines Lebens habe ich auf der Insel Juist gelebt, da ist immer noch eine große Verbundenheit zum Meer da. Außerdem fasziniert mich die Atmosphäre des Hafens.

Liebe Julia, vielen Dank für das Gespräch.

Foto: Melanie Freiesleben

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